Freitag, 9. März 2007

Das mag wohl sein, daß sie arbeiten

Erinnerst du dich an die Kofferaudiotechnologie der Vergangenheit? Viele Jahre vorher war der einzige Weg, in dem wir Musik auf der Straße hören konnten, die Kofferkassettenrecorders oder 8-Track-Tonbandspielern mitzubringen, die sperrige, beschwerlich und, nach heutigen Maßstäben, ziemlich Batteriefressend waren. Damals spielten die Kofferausrüstung nur monophonisch; also waren wir meistenteils glücklich, eine Hörkapsel zu nutzen, die nur für ein Ohr ausgelegt worden waren. Dann in den frühen 1980er Jahre änderte Sony all das mit dem Walkman. Zum ersten Mal konnte man die Musik in einem kleineren Format mitbringen--und sie stereophon hören. Heutzutage haben wir digitale Koffertechnologie, im Form von den iPods und den Palm Pilots, die MP3s spielen können.

Aber die Kopfhörertechnologie seit der Geburt des Walkmans brauchte einige Verfeinerungen, um nach heutigen Maßstäben zu steigen. Die frühe Stereokopfhörer waren natürlich vom großer, sperriger Typ, der noch heute in den professionellen Aufnahmenstudios genutzt worden ist, und Sony entscheide klugerweise, eine kleine Auslegung auszudenken. Leider hatte die frühe, kleine Auslegung einen Tendenz, den Klang aufzuliegen, und das befalle die Leute nicht, die nahe am Mittelhörer waren, und die nicht die Musik mit Walkmans selbst hörten. Und die Baßsprachausgabe in diese frühe kleine Kopfhörer war schwach. Als Ergebnis ist die Kopfhörertechnologie so hoch entwickelt, daß man die Musik an die gleiche Lautstärke als vorher hören kann, mit eine Frequenzkurven-Entzerrung, der viel getreuere zum Ziel des Interpreten als vorher war, und daß man, in der gleichen Zeit, die Musik auf andere Leute an so niedrige eine Lautstärke aufzwingen kann, daß die andere Leute die Musik kaum hören können, wenn überhaupt.

Dieser Entwicklungsstand der Kofferkopfhörertechnologie ist sowohl gut als auch schlecht für die Musiker und Musikerinnen, die Walkmans und iPods nutzen, um das Material durchzugehen, das sie für die Auftritte erlernen. Das ist gut, weil er die Musiker und Musikerinnen ermöglicht, das Material durchzugehen und die andere Leute dabei nicht zu stören. Aber das Maß, in dem er schlecht ist, hängt vom Musikmarkt ab, in dem die Musiker und Musikerinnen sein zustoßen. Und ich glaube, daß der Grund, darum er schlecht ist, alles mit den Nichtkünstlern und -künstlerinnen zu tun hat.

In den großen Unterhaltungsmärkten wie Toronto oder New York, sind die Leute sich auf die Anwesenheit einer Unterhaltungsindustrie in ihrem eigenen Hinterhof gewöhnt, und ich lege vor, daß, wenn sie jemand sehen, der seine Kofferaudiogeräte hört, nehmen sie an, daß die fragliche Person vielleicht ein Künstler ist, der sein einiges Material durchgeht--ein Musiker, der sein Repertoire durchgeht, eine Schauspielerin, die ihres Drehbuch und ihre Stichwörter durchgeht, ein Sendungsstudent, der die fachbezogene Nuancen der Stimmaufführung studiert, oder was es sonst noch alles gibt--und also lassen die Leute diese Person in Ruhe. In aller Zeit, in der ich in Toronto wohnte, und jedesmal, wenn ich diese Stadt besuche, kann ich mich nicht ein Mal erinnern, in dem man mich anschaute und nahm an, daß ich sie hören konnte, oder daß ich willens war, ihnen meinen Fokus zu übergeben.

Nehmen wir Ottawa als Beispiel für das gegenüberliegende Extrem. Ottawa ist eine Stadt geworden, die so Regierungs- und High-Tech-abgesättigt ist, daß sie gar nicht weiß, wie man Platz für eine Unterhaltungsindustrie macht. Jedesmal, wenn jemand in den letzten Jahren einen Vorschlag macht, eine weitere Konzerthalle oder ein weiteren Kunstschauplatz zu bauen, ist jemand anderes gegen die Idee und sagt, „Nein, wir haben wichtigeren Dingen, dafür wir unser Geld ausgeben sollen.“ Und wenn eine Hauptfilmproduktion mit einem Hauptfilmstar in Ottawa aufnimmt, manchmal kommen die Leute in Scharen zum Bühnenbild und wollen diesen Filmstar besuchen.

Ein solches Szenarium beutete während der Aufnahmen des Films Undercover Angel aus, der Yasmine Bleeth in einer Hauptrolle zeigt. Eine der Filmszenen war bei einer „Chapters“-Buchhandlung aufgenommen, und die Produzenten machten eine Rollenbesetzungsforderung für Komparsen für diese Szene. Mehr Leute kamen, um Bleeth zu besuchen, als um Komparsen zu werden. Am Ende sprachen die Produzenten ein Machtwort: „Hey, wir können uns diese Stillstandzeit nicht leisten--wir haben einen Film zu drehen!“ Und der Grund, dafür das so weit ging, ist, daß die Leute in Ottawa über die Unterhaltungsindustrie dumm sind. Und der Grund, dafür sie so dumm sind, ist, daß Ottawa erstens keine Unterhaltungsindustrie hat.

Oh ja, es gibt Musiker in Ottawa, und es gibt Ottawa-Bürger, die eventuell international bekannt werden--Paradebeispiele sind das National Arts Centre Orchestra und Alanis Morissette. Und wir haben ja die gelegentliche Unterhaltungsorten wie der National Arts Centre, das Ottawa Little Theatre und der Corel Centre (Scotiabank Place). Aber eine ganze Unterhaltungsindustrie? Nö. Wenn sie besteht, ist sie allenfalls sehr klein im Vergleich mit großeren Musikmärkte.

Darum haben die Musiker hier in Ottawa, besonders jene Musiker, die in den Bänden spielen, eine Tendenz, mehreren Projekten zu übernehmen. Das ist besonders wahr, wenn sie ihnen die Musik als ein Mittel überlegen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (Ich würde glauben, daß das auch zu den Musikern geltet, die in Musikmärkte sind, die ähnlich klein sind.) Mehrere Musiker arbeiten in den Coverbands, und die meisten Coverband-Musiker arbeiten nicht mit Notenblättern--es würde viel zu vielen Zeit dauern, Arrangements für eine ganze Bandrepertoire zu schaffen, auch mit moderne Arranging-Software, und sowieso ist es nicht jeder Musiker, der die Normnotenschrift lesen kann (die Bee Gees und Yanni, zum Beispiel, können nicht). Also nutzen die Musiker originelle Aufnahmen, neues Material zu erlernen, und sie sollen ihre Partien davon zücken.

Aber ein selbstständiger Musiker muß sich mehr Dinge überlegen, als nur sein Spiel fit zu halten. Es gibt auch die administrative Seite des Musikgeschäfts--Gigs aushandeln, Aufzeichnungen führen, nach der Bank gehen, das Einkommen einzuzahlen, der Bürobedarf und den Computervorrat einkaufen, Werbematerial produzieren, Webseiten aktualisieren (und in die anderen Sprachen übersetzen!) usw. Größtenteils haben die weltbekannten Musiker Arbeiter, die alle diese Dinge tun können, aber die Musiker, die nicht so bekannt sind, müssen diese Dinge selbst tun. Das ist sicherlich wahr mit den Künstler, die anderswo in den darstellende Künste arbeiten.

Also, in dieser hektischen Welt, in der unsere Städte beschäftigter, geräuschvoller und schneller geworden sind, mußt du dich fragen, wie ein selbstständiger Musiker, die mehreren Projekten übernimmt--oder irgendein Künstler, wenn wir schon dabei sind--kann je die Zeit haben, das ganzen Material für jedes Projekt durchzugehen. Als eine mögliche Auflösung gibt’s die Kofferaudiotechnologie, an der ich am Anfang geführt habe. Ich nehme den Linienbus, mehrere meiner administrativen und persönlichen Besorgungen zu machen, und ich höre meine Kompilation etwa 170 MP3-Dateien zu, die Pendelzeit auszunutzen. Diese Dateien bestehen aus einer großen Musterkollektion deutscher Popmusik, die ich für das Spiel in meiner Solokarriere präpariere, und den vereinigten Repertoire meiner drei Bände.

Ich spüre aber, daß, je kleiner der Unterhaltungsmarkt, und also je großer das Maß, in dem das Publikum sich gewöhnt ist, daß es in jenem Markt keine Unterhaltungsindustrie gibt, wenn überhaupt, desto großer ist das Risiko, das eine solche Durchgehenseinstellung darstellt. Wenn ein Mitglied der Allgemeinheit in einen solchen kleinen Unterhaltungsmarkt jemanden sieht, der die Musik zuhört, wie wahrscheinlich ist das, daß die Person ahnen wird, daß der Zuhörer einen Künstler ist, der sein Material durchgeht? Gar nicht wahrscheinlich, würde ich sagen. Tatsächlich kann die Person irrtümlich denken, daß die Zuhörer seinen Kopfhörer an einer so niedriger Lautstärke angeschaltet hat, daß er die Leute hören kann, die in der Nähe von ihm sind. Also, wie wird der Zuhörer fühlen, wenn er ein Künstler ist, der sein Material ja durchgeht, und die Person versucht, ihm zu reden?

Das stimmt. Seine Eigendynamik wird gestört.

Nun also, kann der Zuhörer sich das leisten? Nicht wenn er in mehreren Ensembles arbeitet! Wenn er sein Spiel schlampig präpariert, sei es von den Umständen gezwungen oder seiner eigenen Vernachlässigung, wird das in sein Spiel durchscheinen und also seine zukünftige Absetzbarkeit als Künstler angreifen. Und heutige Unterhaltungssucher wollen die besten--sie erwarten die Spitzenspiele von den Fachleute. Würdest du ins Theater gehen, ein Stück zu sehen, wenn du im Voraus wüßtest, daß einer seiner Akteure sehr schwer steckenbleiben würde, weil er sein Spiel schlampig präpariert hätte? Oder in einen Nachtklub, ein Musikspiel zu sehen, wenn du im Voraus wüßtest, das der Hauptsänger durch die Show stolpern würde, auch weil er sein Spiel schlampig präpariert hätte? Natürlich nicht. Wie würdest du fühlen, wenn du ein Künstler sehen würdest, der durch seinem Spiel stolpern würde, und du entdecken würdest, daß du für seine schlampige Vorbereitung schuldig wärest, im Ganzen oder zum Teil? Nicht sehr gut, würde ich glauben.

Viele Leute hören Musik nur für die Vergnügen zu, aber die Künstler hören ihr Material als Bedingung ihrer Arbeit als Künstler zu. Also, wenn du in einer Region wohnst, in der es nicht viel eines Musikmarkts gibt, wenn überhaupt, und du willst an jeden reden, der die Musik zuhört, bitte tu ihm einen Gefallen und nehme nicht an, daß er nur für Vergnügen zuhört. Das mag wohl sein, daß er arbeitet.